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Sternengucker auf sechs Beinen

Die Astronavigation erscheint Laien wie mir als schwierige Angelegenheit. Ein Blick in die einschlägigen Lehrbücher fördert kompliziert klingende Begriffe wie Sextanten, Ephimeriden, sphärisches Dreieck oder Greenwicher Stundenwinkel zu Tage. Trotzdem verstehen es nicht nur einige Menschen, sondern auch Vögel und Seehunde, sich vermittels der Gestirne selbst bei Nacht zu orientieren.

In diese Aufzählung reihen sich nun auch die Insekten ein. Genauer: Afrikanische Mistkäfer der Art Scarabaeus satyrus. Dass die lustigen Krabbeltiere statt Landmarken den Stand der Sonne, des Mondes sowie das polarisierte Licht um beide Himmelskörper nutzen, um sich in ihrer Umgebung zurecht zu finden, wusste Marie Dacke von der schwedischen Lund Universität schon länger. Dank ausgiebiger Experimente hat sie zusammen mit südafrikanischen Kollegen nun herausgefunden, dass die Käfer, um ihre an Kothaufen erbeuteten Dungkugeln möglichst schnell vor der Konkurrenz in Sicherheit zu bringen, auch die Milchstraße als Kompass nutzen. Daraus ergebe sich, so Dacke und Mitstreiter, „dass diese Fähigkeit im Tierreich möglicherweise weit verbreitet ist.“ Und das ganz ohne Sextanten.

Dass es sich hierbei um keinen Aprilscherz, sondern Resultat hochwissenschaftlicher Arbeit handelt, kann in der aktuellen Geo nachgelesen werden, in der ich den Versuch etwas ausführlicher auseinander gedröselt habe. Wer mehr über Dackes Arbeit mit Insekten und ihrer Orientierung erfahren will, bekommt in folgendem Video einen kleinen Einblick:

Nachtkerzen und die Evolution

Die evolutionäre Anpassung der Arten an ihre Umwelt galt lange Zeit als extrem zähe Angelegenheit. Es mehren sich jedoch die Hinweise, dass es bei einigen Spezies recht rasant zugeht.  Da ist zunächst an die Vielfalt der Buntbarsche in Afrika zu denken oder an die europäische Hain-Bänderschnecke.  Noch flinker als die beiden ist die in Nordamerika beheimatete Gemeine Nachtkerze (Oenothera biennis). So hat eine internationale Forschergruppe um Anurag Agrawal von der Cornwell University kürzlich im Rahmen eines Experiments beobachtet, dass die Pflanze mit den knallgelben Blüten nur drei bis vier Generationen braucht, um sich auf veränderte Außenbedingungen einzustellen. Grundlage hierfür waren Experimente mit verschiedenen Nachtkerzen-Populationen, von denen einige mit Insektiziden, andere wiederum gar nicht behandelt wurden.

Ein spannender Versuch, der dreierlei zeigt: a) Evolution ist zuweilen schnell unterwegs, b) Insekten sind wesentlicher Treiber der Artenvielfalt von Pflanzen und c) Insektizide führen zu einer Rückbildung natürlicher Abwehrmechanismen.

Wer das alles genauer nachlesen möchte, dem sei das Skop in der aktuellen Geo empfohlen, wo ich das Experiment ein wenig ausführlicher begeschrieben habe. Abschließend übergebe ich das Wort an Herrn Agrawal, der die Forschungsergebnisse noch einmal aus seiner Sicht zusammenfasst: