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Hurra, wir werden erwachsen! – Überlegungen zum Verhältnis von Nachhaltigkeit und Journalismus

„Der Klimawandel ist nicht die Geschichte unserer Zeit“, sagte der Wissenschaftsjournalist Andrew Revkin einmal. „Der Klimawandel ist nur ein Teil von ihr. Sie besteht darin, dass wir anfangen, erwachsen zu werden auf einem endlichen Planeten, und dabei überhaupt erst bemerken, dass er endlich ist.“

Wir. Das meint ihn und sie, Dich und mich. Politik und Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft. Und natürlich den Journalismus, die Storyteller-Maschine schlechthin. Was bemerkt sie von der Geschichte unserer Zeit?

Die Ausgangsbedingungen scheinen nicht die schlechtesten zu sein: Aktualität, Konflikt, Relevanz, Kontinuität – Klimawandel & Co. erfüllen eine ganze Reihe der klassischen Nachrichtenfaktoren. Weswegen die Erderwärmung, die Energiewende, der Artenverlust, die Krise des Finanzsystems, die Bevölkerungs- und Ernährungsfrage oder auch Konsumkritik und der Wunsch nach Entschleunigung längst Themen des von Print-, Rundfunk- und Online-Medien getragenen Diskurses sind. Reicht das?

Der Journalismus verändert sich rasant. Man könnte sagen, er geht auf eine Reise – Ausgang: ungewiss. (Quelle: Harri Web, flickr.com, CC BY-NC-ND 2.0)

Die Welt und der Journalismus verändern sich rasant. Man könnte sagen, sie gehen auf eine Reise – Ausgang: ungewiss. (Quelle: Harri Web, flickr.com, CC BY-NC-ND 2.0)

Kritiker bemängeln, dass die Geschichte unserer Zeit journalistisch zu sporadisch, zu diffus, zu isoliert, zu unter- oder aber zu überkomplex bearbeitet werde. Das mag daran liegen, dass es ihr an Eindeutigkeit, an Konsonanz, an klaren Verhältnissen mangelt. Und dass ihre Einzelthemen oft nicht als solche erkannt werden, es gewissermaßen an einer gedanklichen Einbettung in den größeren Zusammenhang fehlt.

Dabei ist ein theoretischer Überbau vorhanden, der sie miteinander verbindet: Nachhaltige Entwicklung. Oder auch: Nachhaltigkeit. So wird die Leitlinie unseres „Erwachsenwerdens“ immer wieder etikettiert. Es ist ein ödes Wort und überdies – wen wundert es – in seiner inhaltlichen Bedeutung sowie seiner Wirkungsmacht umstritten. Nicht zuletzt unter Journalisten.

Was unter Nachhaltigkeit verstanden werden kann, und warum sich Medien und Medienmacher dem Thema annehmen sollten – und zwar nicht nur inhaltlich in ihrer Berichterstattung, sondern auch strukturell in ihren Geschäfts- und Vermittlungsmodellen -, das habe ich in einem Gastbeitrag für das ziemlich anregende Projekt Grüner Journalismus der Hochschule Darmstadt aufgeschrieben.

Denn der eingangs zitierte Revkin hat Recht: Das Realisieren der Endlichkeit unserer Welt, das ist die Geschichte unserer Zeit. Es wäre schön, wenn noch mehr, noch fundierter und zugleich noch pointierter erzählt werden könnte, was dies bedeutet – im Großen wie im Kleinen, im Guten wie im Schlechten.