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Grüne Fleischfresser – Die faszinierende Welt karnivorer Pflanzen

Was hat es bloß mit diesen seltsamen Gewächsen auf sich? Derartige Fragen beschäftigten einen gewissen Charles Darwin, als er im Sommer 1860 von einem Ausflug durch die südenglische Grafschaft Sussex zurückkehrte. Auf einer Heide hatte er dort unzählige Exemplare der Pflanzenart Drosera rotundifolia entdeckt. Wie mit Tau waren ihre Blätter benetzt, und auf ihnen klebten Fliegen und sogar kleine Schmetterlinge. „Ich hatte wohl gehört, dass Insekten so gefangen würden, wusste aber nichts weiteres über diesen Gegenstand“, notierte Darwin später.

Angetrieben von dieser Wissenslücke unterzog der große Naturforscher besagte Drosera-Art, auch unter dem Namen Rundblättriger Sonnentau bekannt, sowie weitere Kleingetier fangende Kräuter umfangreichen Beobachtungen und Experimenten. Seine 1875 im Buch „Insectivorous Plants – Insectenfressende Pflanzen“ veröffentlichten Resultate waren bahnbrechend: Auch die so harmlos anmutenden Geschöpfe der Florenreiche ernähren sich mitunter räuberisch.

Klebfalle eines Sonnentaus mit Beute (Quelle: Volkmar Becher/flickr.com)

Klebfalle eines Sonnentaus mit Beute
(Quelle: Volkmar Becher/flickr.com)

Heute sind weltweit etwa 700 Arten fleischfressender Pflanzen oder Karnivoren, wie sie auch genannt werden, bekannt. Zwar konzentrieren sich die meisten Spezies auf einen Gürtel rund um den Äquator sowie den Südwestzipfel Australiens. Prinzipiell sind Karnivoren jedoch quer über den Globus verbreitet.

Dank ihrer erstaunlichen Fähigkeiten können sie Standorte erobern, die den meisten anderen Pflanzen verschlossen bleiben. Moore und stehende Gewässer gehören dazu, ebenso zeitweise überflutete Sandflächen oder Felsen. Lebenswichtige Elemente wie Stickstoff, Phosphor oder Magnesium sind hier Mangelware. Um ihren Speiseplan decken zu können, gehen Karnivoren daher auf die Jagd – und erwischen dabei nicht nur Insekten: In den Blattkannen mancher asiatischer Arten haben Forscher schon Frösche, Kriechtiere und sogar Ratten gefunden.

Auch in Deutschland sind von Natur aus 13 verschiedene Karnivoren zu finden, darunter der Rundblättrige Sonnentau. Was zur ihrer Beute gehört (Spoiler: Es sind nicht nur Insekten…), welche Techniken sie dabei anwenden und wie es um ihre Gegenwart und Zukunft bestellt ist, kann in der aktuellen Ausgabe des NATURGUCKER Magazins nachgelesen werden, für die ich mich eingehender mit Karnivoren beschäftigen durfte. Eine äußerst faszinierende Angelegenheit, wie schon Charles Darwin wusste: „Ich habe mich unendlich an der Arbeit mit Drosera ergötzt“, schrieb er im Spätherbst 1860 an befreundete Kollegen. „Im Moment ist mir das wichtiger als die Abstammung aller Arten in der Welt.“

Immer dem Schnabel nach! – Der Kiwi ist Neuseelands Liebling

Die Sonne ist längst untergegangen, die Nacht hat sich über Neuseeland gesenkt. Nun könnte es ruhig werden im Dickicht. Doch nix da! Ein Waldbewohner wird gerade jetzt putzmunter: der Kiwi. Dieser seltsame Vogel, den es nur hier, am anderen Ende der Welt gibt, kriecht erst in der Dunkelheit aus seiner Erdhöhle und denkt gar nicht daran, den Schnabel zu halten. Auf der Suche nach seinem Frühstück begibt er sich tief ins Unterholz und macht seinen Artgenossen mit einem lauten „Uii, uii, uii“ deutlich: Das, bitte schön, ist mein Revier! Hier suche ich Futter!

Mit wackelndem Hinterteil beginnt er zu jagen. Den bis zu 15 Zentimeter langen Schnabel hält er dabei dicht über dem Boden. Denn im Gegensatz zu anderen Vögeln sieht er schlecht und orientiert sich am Geruch. Auch in anderer Hinsicht ist das kleine Pummelchen ein sehr bemerkenswerter Piepmatz: Er kann nicht fliegen, legt die im Verhältnis zur Körpergröße dicksten Eier und hat nach Überzeugung der Maori in grauer Vorzeit den neuseeländischen Wald vor einer Insektenplage gerettet.

Kein Wunder, dass sich die Neuseeländer mit stolzgeschwellter Brust selbst Kiwis nennen. Und das trotz des Umstandes, dass ihr Vorbild oft mies gelaunt ist. Vielleicht liegt es am schlechten Gewissen: Denn die vom Menschen eingeschleppten Hunde, Katzen, Wiesel und Frettchen machen dem Kiwi das Leben schwer – von einstmals mehreren Millionen sind heute nur noch etwa 70.000 Exemplare übrig geblieben, weswegen im ganzen Land aufwändige Schutz- und Aufzuchtprogramme laufen.

Mehr zum Kiwi ist auf der vorzüglichen Website von Kiwis for Kiwi oder aber in der aktuellen Ausgabe von Geolino zu erfahren, für die ich den puscheligen Langschnabel porträtieren durfte. Folgendes Video gibt aber auch einen ganz guten ersten Eindruck von Neuseelands unumstrittenen Nationalsymbol. Lang lebe der Kiwi!

Sternengucker auf sechs Beinen

Die Astronavigation erscheint Laien wie mir als schwierige Angelegenheit. Ein Blick in die einschlägigen Lehrbücher fördert kompliziert klingende Begriffe wie Sextanten, Ephimeriden, sphärisches Dreieck oder Greenwicher Stundenwinkel zu Tage. Trotzdem verstehen es nicht nur einige Menschen, sondern auch Vögel und Seehunde, sich vermittels der Gestirne selbst bei Nacht zu orientieren.

In diese Aufzählung reihen sich nun auch die Insekten ein. Genauer: Afrikanische Mistkäfer der Art Scarabaeus satyrus. Dass die lustigen Krabbeltiere statt Landmarken den Stand der Sonne, des Mondes sowie das polarisierte Licht um beide Himmelskörper nutzen, um sich in ihrer Umgebung zurecht zu finden, wusste Marie Dacke von der schwedischen Lund Universität schon länger. Dank ausgiebiger Experimente hat sie zusammen mit südafrikanischen Kollegen nun herausgefunden, dass die Käfer, um ihre an Kothaufen erbeuteten Dungkugeln möglichst schnell vor der Konkurrenz in Sicherheit zu bringen, auch die Milchstraße als Kompass nutzen. Daraus ergebe sich, so Dacke und Mitstreiter, „dass diese Fähigkeit im Tierreich möglicherweise weit verbreitet ist.“ Und das ganz ohne Sextanten.

Dass es sich hierbei um keinen Aprilscherz, sondern Resultat hochwissenschaftlicher Arbeit handelt, kann in der aktuellen Geo nachgelesen werden, in der ich den Versuch etwas ausführlicher auseinander gedröselt habe. Wer mehr über Dackes Arbeit mit Insekten und ihrer Orientierung erfahren will, bekommt in folgendem Video einen kleinen Einblick: